Wie funktioniert eigentlich eine gesetzliche Betreuung?

Im Interview erklärt Elisabeth Olk, langjährige Mitarbeiterin in einem Betreuungsverein, die gesetzliche Betreuung.
Frau Olk ist studierte Sozialpädagogin und arbeitet seit 18 Jahren für das Diakonische Werk Trier.

Frau Olk, was ist eigentlich eine gesetzliche Betreuung?

Ein gesetzlicher Betreuer regelt die administrativen Dinge für Menschen, die damit überfordert sind.
Hier handelt es sich meist um eingeschränkte, behinderte Menschen und ältere oder demenziell erkrankte Menschen.
Leider ist der Begriff etwas verwirrend, da der Anteil gesetzliche meist nicht so wahrgenommen wird.
In Österreich gibt es den Begriff des Sachwalters, was die Aufgaben deutlicher macht.

Wie kommt es zu einer Betreuung?

Graphik über die Schritte bis hin zum Beschluss einer gesetzlichen Betreuung

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Im Umfeld eines betroffenen Menschen gibt es jemanden – den Hausarzt, Nachbarn, die Sozialstation, Mitarbeiter bei einem Krankenhausaufenthalt – dem auffällt, dass jemand mit den Anforderungen seines täglichen Lebens oder mit Teilbereichen nicht mehr zurechtkommt.

Derjenige informiert entweder das Betreuungsgericht (beim Amtsgericht) oder die kommunale Betreuungsbehörde. Diese beiden Behörden stehen in engem Kontakt. Die Mitarbeiter der Betreuungsbehörde schauen sich die Lebenssituation des betroffenen Menschen an und fragen ihn wie er zurechtkommt und ob es Bereiche gibt, bei denen er gerne Unterstützung bräuchte.

Meist handelt es sich um die Bereiche der Kommunikation mit Behörden, Versicherungen und Rentenangelegenheiten oder bei finanziellen Angelegenheiten.
Oft zieht die Betreuungsbehörde dann noch einen (psychiatrischen) Gutachter hinzu. Die Stellungnahme dieser Beiden dient dann dem Betreuungsrichter als Grundlage für seinen Beschluss eine Betreuung einzurichten. Meist erst einmal für ein halbes Jahr und anschließend für maximal 7 Jahre.

Der Betreute kann jederzeit beim Amtsgericht die Aufhebung der Betreuung beantragen. Über eine Aufhebung entscheidet der Richter immer unter Berücksichtigung eines neuen Gutachtens.

Wer wird Betreuer?

Grundsätzlich kann jede vorstrafenfreie Person eine Betreuung übernehmen, wenn sie sich den Aufgaben gewachsen fühlt und keine geistigen Einschränkungen hat.
Berufsbetreuer_innen oder Mitarbeiter_innen eines Betreuungsvereins sind allerdings meist Menschen, die eine Ausbildung im sozialen Bereich haben, oder eine juristische oder betriebswirtschaftliche Ausbildung, meist ein Studium absolviert haben.

Nach welchen Maßstäben geht man bei der Bestimmung der Betreuung vor?

Wenn im direkten Umfeld eine geeignete Person ist, die die Betreuung übernehmen kann und will, wird dies in erster Linie von der Betreuungsbehörde erfragt und auch so angeregt. Dies ist in der Regel der Fall bei behinderten Kindern, wenn Ehegatten demenziell erkranken oder es übernehmen auch Kinder die Betreuung für ihre Eltern. Im letzten Fall wird das auch oft über Vorsorgevollmachten überflüssig, falls die betroffene Person zu Zeiten da sie noch entscheidungsfähig war eine solche Vollmacht verfasst hat.

Sind keine Verwandten vorhanden oder diese verstritten, kommt es zur Betreuung durch Berufsbetreuer_innen oder Mitarbeiter_innen eines Betreuungsvereins. Falls der Umfang der Betreuung nicht zu komplex ist, können auch ehrenamtliche_r Betreuer_innen die Aufgabe  übernehmen.
Diese werden dann eventuell von einem Betreuungsverein unterstützt.

Es ist nicht notwendig, in engem Kontakt mit dem zu Betreuenden zu leben. Die meisten Angelegenheiten sind schriftlich oder telefonisch zu erledigen. Dennoch sollten Betreuer_innen immer wieder den direkten Kontakt zu den Betreuten haben, da sie in deren Sinne handeln und agieren soll – dazu müssen die Betreuer_innen die Wünsche ihrer Klient_innen kennen.

Mir persönlich ist hier zum Beispiel ganz wichtig, von meinen Betreuten zu wissen, welche Haltung und Wünsche sie zu intensivmedizinischer Behandlung haben. Viele sind leider nicht mehr in der Lage eine Patientenverfügung zu verfassen.  Ich spreche daher mit Ihnen die wichtigsten Aspekte wie zum Beispiel Beatmung, künstliche Ernährung, Wiederbelebung, Operationen durch, mache entsprechende Vermerke und hinterlege sie ganz vorne in der Akte, sodass sie gegebenenfalls auch meine Vertretung findet.

Generell sind die Betreuer_innen verpflichtet, sich vor der Erledigung wichtiger Angelegenheiten mit den Betreuten zu besprechen. Die Richtschnur für Entscheidungen ist dabei die bestmögliche Schnittmenge zwischen dem Wohl und den Wünschen der Betreuten und der möglichen Umsetzbarkeit.

Welche Aufgaben erledigen die Betreuer_innen?

Das Tätigkeitsfeld eines Betreuenden ist sehr vielfältig. Meist handelt es sich um die Organisation der Lebens- und Versorgenssicherung, also die Beantragung von Leistungen und Ansprüchen gegenüber Behörden und Versicherungen. Häufig sind auch Regelungen in Zusammenhang mit der Gesundheit, also Kontakte zu Medizinern, Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen, usw. Hier ist die Koordination, Beantragung und Finanzierung im Vordergrund.

Häufig kommt der Kontakt zu Betreuern durch einen Krankenhausaufenthalt zustande, sei es durch einen Sturz, Schlaganfall oder Herzinfakt.
Der Aufenthalt im Krankenhaus ist heute nur kurz und reicht oftmals für die Erkrankten nicht aus, um wieder zu Hause alleine zurecht zu kommen.

Es gibt für solche Situationen die Kurzzeitpflege, also einen begrenzter Aufenthalt in einer Pflegeeinrichtung bis man wieder in die häusliche Umgebung zurück kann. Dieses bürokratische Konstrukt aufzustellen ist recht komplex und für den Betroffenen oft kaum zu durchschauen. Hier muss erst eine passende Einrichtung gefunden werden, diverse Anträge zur Finanzierung gestellt werden und bei entsprechenden Kostenträgern Anträge zur Kostenübernahme gestellt werden.

Es geht also oft darum, die Versorgung der Betreuten abzusichern. Zum Beispiel kann es notwendig sein, dass die Sozialstation kommt. Anfangs vielleicht nur um die Medikamente zu stellen und Stützstrümpfe an und aus zu ziehen. Dann wird der Hilfebedarf eventuelle größer und die Betroffenen benötigen Unterstützung beim Duschen oder im Haushalt. Meist reichen die eigenen finanziellen Möglichkeiten dafür nicht und es muss bei der Pflegekasse und gegebenenfalls beim kommunalen Kostenträger die Versorgung beantragt werden.

Darstellung der Tätigkeiten eines Betreunden: Arztgespräche, Anträge, Finanzen

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Welche Pflichten haben die Betreuer_innen?

Die Betreuenden sollen sich um das Wohl der Betreuten bemühen – allerdings nur im Rahmen des Möglichen und nach entsprechender Rechtslage.
Sie dürfen gewisse Entscheidungen nur in Absprache mit dem Gericht treffen, zum Beispiel eine Wohnungskündigung oder auch Entscheidungen bei gravierenden Operationen oder Behandlungsmethoden. Auch alle freiheitseinschränkenden Maßnahmen müssen gerichtlich genehmigt werden, zum Beispiel die Nutzung von Bettgittern zum Schutz vor Stürzen, aber auch Unterbringungen in der Psychiatrie.
Über den Betreundenen steht das Betreuungsgericht als Kontrollinstanz. Jährlich wird ein Jahres- und ein Vermögensbericht angefordert, in dem alle Veränderungen angeführt werden. Sobald Nachfragen, Beschwerden oder Ähnliches beim Betreuungsgericht oder der – behörde eingehen, werden die Betreuenden um Stellungnahme gebeten und bei Bedarf werden Änderungen vorgenommen.

Interviewpartnerin:Elisabeth Olk

Elisabeth Olk,
Sozialpädagogin im Betreuungsverein der Diakonie im Ev. Kirchenkreis Trier e.V.

Betreuungsverein im Diakonischen Werk
des Ev. Kirchenkreises Trier e.V.
Theobaldstraße 10
54292 Trier
Fax: 0651 20900-39
E-Mail: btv.trier@diakoniehilft.de